Staatspräsident Niinistö skeptisch gegenüber NATO-Beitritt Finnlands
von Erich Krichbaum
Die jüngsten Entwicklungen im Verhältnis der westlichen Länder zu Russland haben in Finnland eine Diskussion über einen möglichen Beitritt des Landes zur NATO ausgelöst.
Dabei gehen die Meinungen sehr stark auseinander. Eher konservative Politiker, allen voran der neoliberale und deutlich rechtskonservative neue Ministerpräsident Alexander Stubb, befürworten den Beitritt, während Staatspräsident Niinistö einen solchen Schritt eher skeptisch beurteilt. Niinistö verfolgt dabei eher die Linie seiner Vorgänger im Amt, der Präsidenten Paasikivi und Kekkonen, die die Auswirkungen ihrer Außenpolitik auf andere Länder, insbesondere natürlich den östlichen Nachbarn, in den Mittelpunkt ihrer Überlegungen gestellt hatten. Mit ihrer auf strikte Neutralität gerichteten Politik konnten sie Finnlands Unabhängigkeit erreichen und sichern und zu einer stabilen Friedensordnung im Norden Europas beitragen.
Es gelang eine gute Vertrauensbildung, die es ermöglichte, dass Finnland schließlich den Anstoß zur Annäherung zwischen Ost und West geben konnte und als Gastgeber bei den SALT-Verhandlungen (strategische Atomrüstung) und der KSZE (Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa) bei der Überwindung des kalten Krieges eine wesentliche Rolle spielte.
Spätestens mit der Berichterstattung über die feierliche Unterzeichnung der „Schlussakte“ der KSZE in Helsinki ergab sich eine Aufwertung seines internationalen Ansehens. Finnland gewann sein besonderes Profil als „neutraler Brückenbauer“ (Kekkonen).
Gerade jetzt, wo die übereilte Erweiterung der NATO nach Osten zur Entstehung eines neuen Konfliktes mit Russland beigetragen hat, wird dieser finnische Brückenbauer vielleicht noch dringend gebraucht werden.
Niinistö forderte in einem Gespräch mit Journalisten dazu auf, zu bedenken, wie ein NATO-Beitritt Finnlands aus russischer Perspektive bewertet werden könnte.
Die finnisch-russische Grenze wäre etwa die Hälfte der an Russland grenzenden NATO-Grenze. Dies wird erhebliche militär-strategische und entsprechende infrastrukturelle Folgen nach sich ziehen.
Schon jetzt sind die engen Handelsbeziehungen mit Russland durch die westlichen Sanktionen deutlich beeinträchtig. Auch aus diesem Grund zeigt sich Niinistö im Umgang mit der russischen Haltung abwägender und verständnisvoller als seine Kollegen aus den europäischen Partnerländern. Niinistö sagte, er werde seine regelmäßigen Kontakte zu Präsident Putin fortsetzen.
Eine einseitige Berichterstattung in den westlichen Medien habe in Finnland die Zahl der Befürworter eines NATO-Beitritts ansteigen lassen. Vor einer Entscheidung müsse auf jeden Fall eine Volksabstimmung stattfinden..