Supermärkte lassen Ortskerne veröden. Beispiel: Kuusamo
Text und Fotos: Erich Krichbaum
Seit zwei Jahrzehnten halte ich mich regelmäßig im nordfinnischen Kuusamo auf, habe dort so etwas wie eine zweite Heimat gefunden.Dabei verfolge ich seit Jahren eine Entwicklung, wie sie wohl nicht allein für Kuusamo festzustellen ist.
Am Ortsrand, strategisch günstig im Kreuzungsbereich zweier Staatsstraßen, haben sich nach und nach gleich mehrere große Märkte angesiedelt. Sie bieten nicht nur das inzwischen üblich gewordene Überangebot an Lebensmitteln und Getränken, sondern führen auch Kleidung, Haushaltsbedarf, Geschirr und Besteck, Maschinen, Büro- und Hygieneartikel, Zeitungen und Trivialliteratur, Anglerbedarf und natürlich Musik-CDs und Film-DVDs.
Direkt in den riesigen Verkaufsgebäuden finden sich zugleich Geschäfte für Uhren und Schmuck, für Schuhe, Mobil-telefone, Damenunterwäsche, eine oder mehrere Burgerbars, und natürlich der ALKO.
(Einen richtigen Buchladen oder eine Poststelle sucht man dagegen vergeblich.)
Während diese Märkte beständig wachsen, hat in der Stadtmitte rund um den Marktplatz und auf der zentralen Geschäftstraße eine alarmierende Entwicklung eingesetzt.
Immer mehr Geschäfte schließen, weil sie sich gegenüber der Konkurrenz der Supermärkte nicht mehr halten können.
Andere verlegen ihre Geschäftsräume weg aus der Stadtmitte in die Nähe der Stelle, wo sich mittlerweile vier der gigantischen Konsumpaläste in großer Nähe zueinander befinden. am besten gleich in das Gebäude eines der Supermärkte hinein.
In Kuusamo sind das zum Beispiel Möbelgeschäfte (Jysk), Modeläden (Marimekko), Geschirrdesign (Pentik), eine Apotheke, sowie Reise- und Versicherungsbüros.
Sogar die Müllsammelstelle wurde in die Nähe der Supermärkte verlegt..
In der Stadtmitte kämpft das ehemalige Einkaufszentrum mit Lebensmittel-, Buch- und Kleiderladen sowie einem R-Kiosk um seine Existenz. Die Post wurde schon vor Jahren geschlossen, eine kleine Poststelle befindet sich im Nebenraum in eines kleinen Ladens.
Einen Markt gibt es nicht mehr. Nur im Sommer bieten einzelne ältere Bauersfrauen noch ihre Beeren, Pilze und etwas Gemüse an. Noch sind zwei Bankfilialen und eine Apotheke in der Stadtmitte. Und immerhin gibt es noch ein Speise- und ein China-Restaurant, ein Cafe sowie eine Schnell-Pizzeria.
Zwei von drei Hotels wurden geschlossen. Das einstmals erste Haus am Platz, früher ein sehr beliebtes Hotel mit Restaurant, ist in die Drittklassigkeit zurückgefallen und muss sich sehr anstrengen, überhaupt noch mithalten zu können.
In einem verhältnismäßig weit abgelegenen Stadtteil, findet man noch zwei weitere kleinere Märkte. Alle anderen Geschäfte sind inzwischen aus der Innenstadt verschwunden. Zurück geblieben sind Gebäude und Räumlichkeiten, die nun leer stehen und die Stadt veröden lassen.
Nicht nur im Zentrum, sondern auch in den teilweise viele Kilometer entfernten Ortsteilen sind in den letzten Jahren die kleinen Lebensmittelläden verschwunden. (Einzige Ausnahme ist das Wintersportzentrum Ruka, wo sich neben Lebensmittelmärkten auch Sport- und Freizeitgeschäfte sowie Hotels und Restaurants aller Art konzentrieren, in welchen aber hauptsächlich Wintertouristen ihren Bedarf decken.)
In der Folge müssen die Menschen zu allen Jahreszeiten große Strecken mit dem Auto fahren, um überhaupt die Dinge des täglichen Bedarfs einkaufen zu können.
Diese ganze Entwicklung ist die Folge der immer mehr wachsenden Markmacht weniger großer Handelskonzerne, für die die Entwicklung der Stadt und das Land als Lebensraum seiner Menschen keinerlei Bedeutung hat. Sie ist aber auch die Folge einer fehlgeleiteten Politik, die diese Entwicklung nicht nur nicht verhindert, sondern eher begünstigt.
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