Das Osterfest in Finnland
In den Bräuchen des finnischen Osterfestes finden sich neben östlichen und westlichen Traditionen auch christliche und heidnische sowie orthodoxe Einflüsse. Es ist ein stilles Fest, das trotzdem fröhlich und manchmal auch laut werden kann. Typische Merkmale des Osterfestes in Finnland sind der Hahn, die Hexen und die Malzspeise Mämmi.
Ostern, das Fest zwischen Ruhe und Lärm
Der nahende Frühling spielt ebenfalls eine große Rolle. So beginnen die Kinder schon Wochen vorher damit, Ostergras in kleine Schalen auszusäen und auf die Fensterbänke zu stellen. Gebannt warten sie dann auf das schnell aussprießende Grün, das das Ende des langen und kalten Winters erahnen lässt. Auch Zweige von Weidenkätzchen und Birken lassen auf das nahende Frühjahr hoffen. Die Zweige werden in Vasen gestellt und mit buntem Seiden- oder Krepppapier und gefärbten Daunen geschmückt. So kam man auch früher schon in den Genuss von Frühlingsblumen. Heutzutage gibt es natürlich überall auch Tulpen, Narzissen und andere Frühlingsblüher zu kaufen.
Obwohl zirka 86 % der Finnen der evangelisch-lutherischen Kirche angehören und nur rund 1 % zur russisch-orthodoxen Kirche gehören, beeinflussen auch die orthodoxen Bräuche das finnische Osterfest. Gerade in den letzten Jahrzehnten wurden viele orthodoxe Rituale in die finnischen Ostertraditionen übernommen.
Osterrituale und ihre Ursprünge
Das Rutenschlagen
Ursprünglich entstammt das Rutenschlagen der Bibel. Darin wurde Jesus auf dem Weg nach Jerusalem vom Volk mit Palmenzweigen begrüßt. In den nordischen Ländern gab es keine Palmenzweige und so nahm man stattdessen die Äste von Weiden. Deren Blüten, die Weidenkätzchen, symbolisierten den nahen Frühling. Die Finnen nennen das Schlagen mit den Zweigen virpovitsat.
Die Osterhexen
Sie sind das Symbol des Osterfestes. So wie in Deutschland zu Ostern der Osterhase gehört, so kann man sich das Fest in Finnland nicht ohne Osterhexen vorstellen. Diese Tradition hat ihren Ursprung in altem skandinavischem Glauben. Darin flogen die bösen Hexen (auf finnisch: trullit) zwischen Karfreitag und Ostermontag – in der Zeit, wo Jesus im verschlossenen Grab lag – durch das Land und verbreiteten Unheil. Sie waren alte und gefürchtete Frauen, die einen Pakt mit dem Teufel geschlossen hatten und eine Gefahr für Mensch und Tier darstellten. Im Laufe der Jahre entwickelte sich die Hexe allerdings immer mehr zu einer freundlichen Märchenfigur. Die Kinder verkleiden sich mit Kopftüchern, langen Nasen und rußgeschwärzten Gesichtern, um dann mit einem Besen, Korb und geschmückten Weidenruten von Haus zu Haus zu ziehen. Dort “drohen” sie mit der Rute und sagen den Hexenspruch auf:
Virvon, varvon, tuoreks,
terveeks, tulevaks vuodeks,
vitsa sulle palkka mulle.
Dies heißt soviel wie: Ich schwinge die Rute, frisch und gesund für das kommende Jahr. Ein Zweig für dich und Lohn für mich.
Die Tradition geht auf frühere Zeiten zurück, als man glaubte, dass der Zauberspruch Hof und Felder der Bauern segnen und eine gute Ernte für den kommenden Sommer bringen würde.
Um dem drohenden Unheil durch die Hexen zu entgehen, sollte man für die Kinder Süßigkeiten oder etwas Kleingeld bereit halten. Hat man den Kindern einen Obulus gegeben, erhält man im Gegenzug Glück und Segen für sein Heim.
Das Osterfeuer
Um die bösen Hexen zu vertreiben, wurden in vielen Regionen am Ostersamstag große Feuer entzündet. Damit erhoffte man sich, dass die Hexen weiter zogen und damit Vieh und Menschen keinen Schaden mehr zufügen konnten. Der lange und kalte Winter sollte ebenfalls verschwinden und dem wärmenden Frühjahr Platz machen. Auch heutzutage werden im ganzen Land gerne Osterfeuer entzündet und so mancher nutzt die günstige Gelegenheit, Gartenabfälle und Baumschnitt auf diese Art loszuwerden.
Die Ostereier
Bemalt werden in Finnland hauptsächlich ausgeblasene Eier, die dann aufgehängt werden. Etwas Besonderes sind die sogenannten Mignon-Eier. Diese sind eine Erfindung des Helsinkier Zuckerbäckers Karl Fazer. Er hat im Jahr 1896 erstmals richtige Hühnereier mit Nougat-Schokolade gefüllt. Mittlerweile erfreuen sie sich überaus großer Beliebtheit – auch weit über die Landesgrenzen Finnlands hinaus. Im Fazer-Besucherzentrum in Vantaa begrüßt ein riesengroßer aus Fazer-Ostereiern gebauter Osterhase die Besucher.
Der Osterhahn
In Finnland bringt nicht der Osterhase die Eier zu den Kindern wie bei uns in Deutschland, sondern hier kommt der Osterhahn. Und obwohl er kein Huhn ist, kann er die Eier selber legen! Eine biologische Sensation! Wenn die Kinder am Ostersamstag schlafen gehen, legen sie eine Wollmütze neben ihr Bett. Und wenn sie dann am nächsten Morgen erwachen, war der Osterhahn schon da gewesen und hat einige Eier in die Mütze gelegt!
Die Osterfeiertage
Die Stille Woche
Am Palmsonntag, also dem Sonntag vor Ostern, beginnt in Finnland die “Stille Woche”. Traditionell stattet man Verwandten, Nachbarn und Freunden an diesem Tag einen Besuch ab und übergibt eine mit Federn und Blüten geschmückte Weidenrute. Diese soll nach alter Sitte Wohlstand bringen. Der Brauch war früher vor allem im Osten Finnlands und bei der orthodoxen Bevölkerung verbreitet, heute findet man ihn in ganz Finnland. Als Lohn erhält man am Ostersonntag eine kleine Aufmerksamkeit, wie Süßigkeiten, ein Ei oder auch ein Geldstück.
Sehr beliebt ist die Abendmesse am Gründonnerstag zum Gedenken an das letzte Abendmahl. Außerdem gibt es in der Karwoche viele Konzerte in den Kirchen. Gut besucht ist auch das Passionsspiel “Via Crucis” am Karfreitag in Helsinki. Die Prozession um das Leiden Jesu und seine Kreuzigung zieht jedes Jahr bis zu 15000 Menschen zu den Stufen der großen Domtreppe am Senatsplatz hin. Am Abend des Ostersamstags gehen viele Finnen in die Kirchen, um die bevorstehende Auferstehung Jesus’ zu feiern. Ein spezielles Ritual findet dann noch am Ostersonntag statt. Dann nämlich dürfen die Kinder mal so richtig Radau machen. Mit allen möglichen Musikinstrumenten und anderen Gegenständen, mit denen man Krach machen kann, ziehen sie durch die Straßen und machen auf sich aufmerksam. Durch den Lärm soll der Winter vertrieben werden. Den Kindern macht es jedenfalls viel Spaß.
Typisches Essen
Das Hauptgericht an den Osterfeiertagen besteht in den meisten Familien aus einem Lammbraten. Als Nachtisch gibt es zwei spezielle Speisen, zum einen das im ganzen Land verbreitete Mämmi und zum anderen Pasha, eine Nachspeise, die eher im orthodoxisch geprägten Osten Finnlands zuhause ist.
Mämmi
Dieser Nachtisch ist ein sehr speziell schmeckender Roggenpudding und für Nicht-Finnen etwas gewöhnungsbedürftig. Am ehesten kann man sich damit anfreunden, wenn man gerne Malzbier oder Guinness Bier trinkt. Der Geschmack ist ähnlich. Mämmi ist wahrscheinlich die älteste finnische Osterspeise. Es ist ein dunkler Brei aus Roggenmehl, Malz und Wasser, der ziemlich unappetitlich aussieht. In Überlieferungen aus dem 17. Jahrhundert wurde Mämmi bereits erstmals erwähnt. Damals wurde es größtenteils im Südwesten Finnlands zubereitet und als Brotaufstrich verwendet. Hauptsächlich war es ein Gericht, das in der Fastenzeit auf den Tisch kam. Die Herstellung war sehr aufwendig. Traditionell wurde es in kleinen Schachteln aus Birkenholz langsam im Ofen gebacken. Heute kann man Mämmi in jedem Supermarkt fertig kaufen. Am bekanntesten sind Kymppi-Mämmi und Hoviruoka-Mämmi. Die Finnen lieben ihr Mämmi, denn pro Jahr werden davon fast zwei Millionen Kilogramm verkauft! Man isst es gern mit flüssiger Sahne oder Milch, auch Vanillesoße oder Vanilleeis schmecken sehr gut dazu. Für alle, die Mämmi einmal selbst zubereiten möchten, gibt es hier das Rezept: Mämmi
Pasha
Pasha (oder auch Pascha geschrieben) stammt ursprünglich aus Russland und bedeutet “Ostern”. Es wird aus Sahne, Butter, Quark, Eiern und Zucker hergestellt. Während der Fastenzeit verzichteten die Orthodoxen auf Butter, Quark und Eier. Zu Ostern konnte dann wieder geschlemmt werden und man bereitete die kalorienhaltige Nachspeise zu. Im Osten Finnlands wird er nach russisch-orthodoxem Brauch in eine kegelartige Form gepresst und mit religiösen Motiven verziert. Oft findet man die Buchstaben XB auf dem Pudding. Dies sind die russischen Buchstaben für Ch und W, was die Abkürzung für Christos Woskres ist (Christus ist auferstanden). Essen darf man den Pudding frühestens am Ostersonntag zum Ende der Fastenzeit. Auch Pasha findet sich mittlerweile im Supermarkt wieder, wer will, kann es aber auch selbst zubereiten. Hier geht es zu dem Rezept: Pasha
Haben Sie schon einmal Mämmi oder Pasha gegessen? Dann schreiben Sie uns doch, wie es Ihnen geschmeckt hat!
Kommentar hinterlassen